Fliegerberg

Naturschutzfachliche Bedeutung des Bereichs „Fliegerberg“ in Borken

Heidecharakter des Fliegerberg
Heidecharakter des Fliegerberg um 1930 aus „Kranz & Koenen“

Im Hinblick auf die damals bevorstehende Nutzungsaufgabe des Gebietes wegen der Auflösung des Bundeswehrstandortes Borken und einer zu erwartenden Folgenutzung wurde im Jahr 2004 von Dipl. Biol. Klaus Weddeling (Uni Bonn) der nachfolgende Bericht über die Bedeutung des Gebietes angefertigt.

Übersichtskarte
Karte 1: Übersicht

Der Bericht dient hier als Beispiel für eine Stellungnahme im Auftrag des Vereins im Rahmen von Planverfahren.
Anmerkung: Das Kartenmaterial wurde zur Darstellung im Internet teilweise aktualisiert.

1) Geomorphologische und geologische Bedeutung

(vgl. Punkt 2 in Karte 1)
Der Anstieg des Fliegerbergs stellt den westlichen Ausläufer eines „Härtlings aus Lockermaterial“ dar, der durch Reliefumkehr aus Oberkreide-Lockermaterial (gedeckelt mit Unterkreide-Trümmermaterial) entstanden ist. Hinzu kommt der bemerkenswerte Eisenerztrümmerhorizont.

Entwicklungsziel und Maßnahmen: Diese Struktur ist in jedem Fall als Offenland zu erhalten; anzudenken wäre, ob nicht eine Ausweisung als „Geotop“ (geschützter Landschaftsbestandteil bzw. Naturdenkmal) machbar wäre, sofern nicht das ganze Gebiet als NSG auszuweisen ist, was man kritisch durchdenken sollte, weil dann bestimmte Nutzungen per se verboten wären (Wegegebot usw.). In jedem Fall ist allein aus diesen Gründen eine Aufforstung des Bereiches zu vermeiden.

Literatur:
Dahm-Ahrens, H. (1964): Ein Trümmererzhorizont im Obersanton bei Borken (Westf.).
Fortschr. Geol. Rheinl. Westf. 7: 557-576.

2) Bodenkundliche Bedeutung

Großflächige, gut erhaltene Podsol- und Pseudogley-Podsolvorkommen als typische Böden in ehemaligen Allmende- und Heidegebieten im Kontakt mit Esch-Lagen als Zeugnis ehemaliger Eschwirtschaft.

Entwicklungsziel und Maßnahmen: Erhaltung der Böden, Verhinderung von Melioration und größeren Abgrabungen; pedologische Aspekte evtl. mit in die Ausweisung als Naturdenkmal aufnehmen.

Literatur:
Herberhold, R. (1973): Bodenkarte von NRW 1: 25 000
Erläuterungen zu Blatt 4107 Borken; Geologisches Landesamt NRW, Krefeld

3) Wälder und Forsten

Die bestehenden Waldbereiche sind bis auf wenige Ausnahmen artenarme Kiefernforsten von geringem naturschutzfachlichem Wert, da die Kiefer hier von Natur aus nicht vorkommen würde; in vielen Bereichen gibt es aber Entwicklungstendenzen hin zu Eichen-Birken-Wäldern, die hier sicherlich der pot. natürlichen Vegetation entsprechen; allerdings breiten sich großflächig Brombeeren aus (wohl infolge N-Eintrag aus der Luft): stellenweise, im Bereich angrenzend zum Homborn, tritt als Neophyt auch die Späte Traubenkirsche massiv auf.

Entwicklungsziel und Maßnahmen: Entwicklung der Kiefernforste hin zu trockenen Eichen-Birkenwäldern durch mittelfristige Entnahme der Kiefern und Naturverjüngung der Laubgehölze (mit Forstamt besprechen; Zuständigkeit klären, evtl. ist das Bundesforstamt zuständig); bei weiterer Ausbreitung der Späten Traubenkirsche sollte eine Bekämpfung erfolgen (Entnahme der Samenbäume).

Literatur:
Burrichter, E. (1973): Die potentielle natürliche Vegetation in der westfälischen Bucht
Erläuterungen zur Übersichtskarte 1 : 200 000; Reihe Siedlung und Landschaft in Westfalen 8, Münster
Karte 2: Detailansicht Fliegerberg, vgl. Fläche 1 + 2 in Karte 1
B = Relikt von Calluna-Heide am Waldrand
C = Vorkommen der Sandsegge
D = Schwerpunkt des Vorkommens des Kleinen Filzkrautes
E = Schwerpunkt des Vorkommens anderer Sandmagerarten (Schmielenhafer, Bauernsenf)
Lizenz (Luftbild): Datenlizenz Deutschland – Land NRW / Kreis Borken (2017) – Version 2.0

4) Magerrasen und Grünland

a) Von überragender regionaler naturschutzfachlicher Bedeutung ist der ca. 25 ha große Magerrasenbereich des Fliegerbergs (vgl. Punkt 1 in Karte 1 und Karte 2 ) selber. Einst aus der typischer Heidenutzung als Fläche mit Dominanz von Heidekraut (Calluna vulgaris) entstanden (vgl. Abb. 6 aus den 30iger Jahren bei KRANZ & KOENEN 1999), ist die Heide durch fehlende Beweidung oder Plaggennutzung heute stark vergrast (mit Rotem Straußgras Agrostis capillaris) . Heute ist ein kleinräumiger Wechsel von moos und flechtenreichen Bereichen mit stärker vergrasten Flächen, randlich zu den Panzertrassen hin mit Übergängen zu vegetationsarmen, gestörten Sandflächen, typisch.

Wichtige, charakterisierende und vielfach seltene Pflanzenarten der Sandflächen sind u.a. Aira praecox (Früher Schmielenhafer), Aira caryophyllea (Nelken-Schmielenhafer), Ornithopus perpusillus (Vogelfuß), Scleranthus annuus (Einjähriger Knäuel), Rumex acetosella (Kleiner Sauerampfer) (Arten des Airetum praecocis, Airion-Verband), Filago minima (Zwerg-Filzkraut), Erodium cicutarium (Reiherschnabel), Teesdalia nudicaulis (Bauernsenf), Carex arenaria (Sand-Segge), Carex hirta (Behaarte Segge), Spergularia rubra (Roter Spörgel), Luzula campestris (Feld-Hainsimse), Vicia lathyroides (Sand- Wicke), Myosotis ramosissima (Hügel-Vergißmeinnicht) und M. stricta (Sand-V.), Jasione montana, (Sandglöckchen), Polytrichum piliferum, (Haartragendes Frauenhaarmoos), P. juniperinum (Wacholder-F.), Brachythecium albicans (Weißes Kurzbüchsenmoos), Cladonia sp. (Flechten). Stellenweise breiten sich Mauerpfeffer-Fluren aus, die vermutlich mit Gartenabfällen in das Gebiet gekommen sind.

Wichtige Tierarten: Heidelerche als Brutvogel; auf den Sandfächen sind Cicindela-Arten (Sandlaufkäfer) häufig, auch mit Röhren der Larven; Typhoeus typhoeus (Stierkäfer) ist hier häufig; zahlreiche solitäre Hymenopteren; Waldeidechse (Lacerta vivipara) und Zauneidechse (Lacerta agilis, FFH-Art Anhang IV).

Die aufgeführten Arten sind überwiegend typische Bewohner nährstoffarmer, saurer Sandböden und zum großen Teil in der BRD bzw. NRW durch Nährstoffeintrag und Zerstörung der Flächen gefährdet.

Entwicklungsziel und Maßnahmen: Erhalt der offenen Flächen; solitäre Gehölze können erhalten bleiben, die weitere Ausbreitung bestimmter Arten (v.a. Birken, Korallenbeere und andere nicht einheimische Gehölze) sollte aber verhindert werden (Entkusseln);

Erhalt und Erweiterung der verbliebenen Heide-Reste durch Mahd oder simulierte Plaggennutzung; Erhalt oder Neuschaffung von offenen kleinflächigen Sandflächen durch Tritt oder Abschieben der Flächen; eine Motor-Cross Nutzug kann die ehemalige militärische Nutzung simulieren und sollte nicht per se verboten werden. Wichtig ist Verhinderung der Ablagerung von Grünabfällen im Randbereich.

Literatur:
Kranz, P. & R. Koenen (1999): Das Borkener Land – Architektur, Natur und Landschaft – Bilder aus der Anfangszeit der Farb-Dia-Fotografie 1936-1942, aufgenommen von Vermessungsrat Viktor Seibert. – Rehms, Borken, 183 S.
Grömping, H. (1993):Der Fliegerberg – Annährung an eine Kulturlanschaft. – Vennetüte – Natur- und Vogelschutzverein Kreis Borken e.V. 1/93: 14-27

b) Magerrasenbereiche und Gewässer südöstlich des Schiessstandes (Fläche 3 in Karte 1): Trockene bzw. feuchte Grünland- und Magerrasen-Bereiche, die durch Mahd und den Übungsbetrieb offen gehalten werden; hier kommen noch reliktartig einige seltene Arten vor:, vor allem bemerkenswert sind Genista pilosa (Behaarter Ginster), Genista anglica (Englischer Ginster) und Sumpf-Quendel (Peplis portula), sowie größere Bestände von Sumpf-Schachtelhalm. Zu dem Gewässer selber vgl. Punkt 5.

Entwicklungsziel und Maßnahmen: Diese Flächen sollten durch Mahd weiter offen gehalten werden; auf feuchten Teilflächen sollte mittelfristig die Anlage weiterer Gewässer ins Auge gefasst werden (Amphibienschutz).

Karte 3: Fahrspurgewässer (vgl. Punkt 5a)
Lizenz (Luftbild): Datenlizenz Deutschland – Land NRW / Kreis Borken (2017) – Version 2.0

5) Gewässer:

Das gesamte Gebiet ist vergleichsweise arm an Kleingewässern, es existieren nur drei für Amphibien dauerhaft nutzbare Gewässerkomplexe:

  1. Fahrspurkomplex im Wald (vgl. Karte 3); da hier längere Zeit keine Verdichtung durch schweres Gerät mehr stattgefunden hat, sind die meisten Tümpel hier trocken. Vorkommen von Kammmolch (FFH-Anhang IV), Bergmolch, Teichmolch, Gras- und Wasserfrosch).Entwicklungsziel und Maßnahmen: Verdichtung durch schweres Gerät nötig und seitliche Rücknahme der Bäume notwendig, um eine bessere Belichtung zu gewährleisten.
  2. Gewässer Hornefeld (Karte 4; ob noch im Bereich des Truppenübungsplatzes?): Stark jagdlich genutztes Gewässer mit dystrophen Heideweiher-Charakter; Fischbesatz;Entwicklungsziel und Maßnahmen: keine weiteren Gehölzpflanzungen, Rücknahme der Gehölze; Entfernen der Fische, wenn möglich)
  3. Artenschutz-Gewässer (Karte 5): Gut entwickeltes Gewässer in feuchter Senke, die durch Übungsbetrieb entstanden ist; z.T. starker Weidenaufwuchs; Wasserfrosch, Berg- und Teichmolch; einmalig eine junge Gelbbauchunke (wohl ausgesetzt);Entwicklungsziel und Maßnahmen: Rücknahme der Weiden; Schaffung weiterer feuchter Offenbodenbereiche durch Baggermaßnahmen für seltene Pflanzen; Schaffung weiterer Gewässer im Umfeld
Karte 4: Lage des Gewässer Hornefeld (man beachte die schlechte Getreidewüchsigkeit im angrenzenden Acker
Lizenz (Luftbild): Datenlizenz Deutschland – Land NRW / Kreis Borken (2017) – Version 2.0

6) Optionen für das gesamte Gebiet:

7) Notwendige weitere Untersuchungen:

Karte 5: Detailansicht 3 in Karte 1
A = Sehr nasse brache Senke mit Gewässer (vgl. Punkt 5c)
B = Trockene Wiese mit englischem Ginster (welcher Landwirt pflegt diese Flächen?)
C = Staufeuchte Wiese mit Wildacker (welcher Landwirt pflegt diese Flächen?)
Lizenz (Luftbild): Datenlizenz Deutschland – Land NRW / Kreis Borken (2017) – Version 2.0

— Klaus Weddeling, 12/04