Obstbaumschnitt und Gehölzschnitt

Der Nachwinter ist die ideale Zeit für den Obstbaumschnitt. Ohne Laub erkennt man Fehler am Astgerüst besonders gut und kann diese leicht durch Schnitte korrigieren.

Wer nicht mit den Behörden in Konflikt kommen möchte sollte folgendes beachten:
Am 1. März 2010 ist das neue Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) in Kraft getreten. Besonders zu beachten ist der § 39 zum allgemeinen Schutz wild lebender Tiere und Pflanzen im neuen BNatSchG. Er gilt zukünftig deutschlandweit und setzt einheitliche Standards in Sachen Gehölzschnitt.

„Es ist verboten“, heißt es hier, „Bäume, die außerhalb des Waldes, von Kurzumtriebsplantagen oder gärtnerisch genutzten Grundflächen stehen, Hecken, lebende Zäune, Gebüsche und andere Gehölze in der Zeit vom 1. März bis zum 30. September abzuschneiden oder auf den Stock zu setzen.
Zulässig sind schonende Form- und Pflegeschnitte zur Beseitigung des Zuwachses der Pflanzen oder zur Gesunderhaltung von Bäumen.“

Soll überhaupt geschnitten werden?

Das Wissen um diese Tatsache soll einen jedoch nicht hindern zu schneiden, wenn es erforderlich ist.

Wann ist das Schneiden nicht zu umgehen, wünschenswert oder zu empfehlen?

  1. Obstbäume und -sträucher zum Aufbau, zur Erziehung, Pflege und Verjüngung.
  2. Hecken werden getrimmt und geformt. Auch Einzelpflanzen können in gleicher Weise behandelt werden.
  3. Ast- und Zweigbruch durch Sturm, Eislast, Frost, Verkehrsschäden oder übermäßigen Fruchtbehang werden behoben.
  4. Ernsthafte Krankheitsschäden wie Krebs, Mehltau, Spitzendürre usw. müssen bis ins gesunde Holz zurückgeschnitten werden.
  5. Durch Frost geschädigte und trockene Äste und Zweige werden nach Winterende herausgeschnitten, z. B. bei Feuerdorn, Rosen, immergrünen Berberitzen, Cotoneastersorten usw.
  6. Jährlicher Nachwinter-Rückschnitt von Rosen aller Art mit Ausnahme vieler Kletter- und Parkrosen.
    Sommerschnitt kann Reichblütigkeit fördern.
  7. Rückschnitt von Herbstblühern wie Buddleia, Ceanothus, Caryopteris, Perowskia, weil sie im oberen Teil sowieso erfrieren oder nach dem Schnitt besser blühen.
  8. Die verblühten Blüten werden abgeschnitten, um den nachfolgenden Blütenansatz zu stärken. Das ist üblich bei Rhododendron, Flieder, Weigela usw.
  9. Bei einigen Pflanzenarten wird der Blütenansatz durch Rückschnitt gefördert. Dazu rechnen: Forsythia, spätblühende Clematis, Erica und Calluna (beides Heidearten). Heidearten blühen nach Schnitt fast immer reicher und fülliger.
  10. Bodendecker werden kurzgehalten, die Beetwirkung soll verbessert werden. Anzuwenden bei Spiraea decumbens, Spiraeajaponica ‚Little Princess‘, niedrigen Potentillasorten, Hypericum u.a.
  11. Stammfehler werden bereinigt und ausgeschnitten, Faulstellen des Holzes bis ins gesunde Splint- oder Kernholz ausgeschabt und weiterbehandelt. Man spricht dann von Baumsanierung.
  12. Zu große Kronen von Bäumen oder Sträuchern werden aus Raummangel oder aus anderen Gründen zurückgeschnitten oder ausgelichtet, mit allerdings oft zweifelhaftem Erfolg.
  13. Astgabeln von Acer saccharinum ‚Wieri‘, Robinia pseudoacacia u.a. sollten meist rechtzeitig durch entsprechenden Schnitt verhindert werden. Sie sind durch Windbruch bedroht.
  14. Gehölze aller Art, Blütenhecken, Hecken, Obstgehölze werden verjüngt. Es ist jedoch zu überlegen, ob das Verjüngen erforderlich ist.
  15. Das Nachbarrecht, in den Ländern der Bundesrepublik ungleich geregelt, erzwingt öfter als es den Nachbarn lieb ist, den Schnitt über die Grenze hängender Zweige. In Fällen, in denen Pflanzen zu dicht an der Grenze stehen, kann der Nachbar sogar das Roden von Pflanzen durchsetzen. Wann muß geschnitten, wann gerodet werden?
  16. Wassertriebe werden fast immer entfernt. Weshalb sind sie entstanden? Müssen sie vollzählig weggeschnitten werden?
  17. Bei vielen Pflanzenarten ist dichtes, kompaktes Wachstum erwünscht. Schnitt kann helfend eingreifen. Beispiele: Mahonia aquifolium, Juniperus horizontalis ‚Glauca‘.

Das Ziel des Schnittes muss vor Beginn festliegen. Vor jeder Schnittmaßnahme stellt sich die Frage: Muss überhaupt geschnitten werden, muss in der Pflanze Ordnung geschaffen werden? Oder sollte es nicht richtiger sein weitläufig zu pflanzen, damit Platz vorhanden ist und nicht geschnitten werden muss?

Der Könner schneidet so, dass die Schnittmaßnahme nur wenig auffällt, bzw. man den Schnitt nach dem Schneiden kaum sieht. Viele Möglichkeiten der oben genannten Ziele werden nachfolgend mit Hilfe von Beispielen besprochen. Wo es nötig scheint, wird die genaue Schnittführung erläutert.

Grundlegendes Wissen/Können

Bevor man Schere und Baumsäge ansetze, muss man einige wichtige innere Vorgänge beim Wachsen der Pflanze, die Wirkung des Schnittes auf die Pflanze und auch etliche Feinheiten der Schnittführung kennen und die Einzelgriffe beherrschen.

Schnitt auf Außenauge

Oft hört man in Schnittkursen, dass beim Schnitt junger Pflanzen – vor allem pflanzbereiter Obstbäume – die einjährigen Triebe auf Außenaugen geschnitten werden sollen, wie aus der Zeichnung ersichtlich ist.

pflanzfertiger Busch oder Baum
K – Konkurrenzauge
L – Leitauge, zur Verlängerung vorgesehen
vergrößerter Trieb
K – Konkurrenzauge
L – Leitauge

Obstgehölze sollen nach außen hin treiben und wachsen, damit die Krone rund und gleichmäßig aufgebaut wird. Das ist sehr gut gedacht, wirkt sich vielfach auch günstig aus, klappt aber nicht immer, weil das bewusste Auge, welches nach außen treiben soll öfter, als uns lieb ist, eintrocknet oder stecken bleibt.
Es kann sein, dass das zweite Auge, das sogenannte Konkurrenzauge, die Führung übernimmt und nach innen wächst.
Siehe nebenstehende. Zeichnungen. Ist die Pflanze erst ein mal ein paar Jahre älter geworden, sieht man kaum noch, welches Auge vor Jahren die Astfortsetzung bildete.

Konkurrenztriebe entfernen

Stehen drei Triebe nebeneinander, werden sie sich im Laufe der Zeit ganz sicher den Rang streitig machen. Zumindest einer von den dreien wird unterdrückt, oft der mittlere.

L= lang
K= kurz
S = Schnittstellen
M = eine andere Möglichkeit der Schnittführung

Dem kommt man mit dem Schema Lang-Kurz-Lang entgegen. Jeder wird nach mehrjähriger Beobachtung feststellen können, dass dies ein ausgesprochen praktikables Verfahren ist und dem natürlichen Wuchs der Pflanzen entspricht. Außerdem kommt so Licht in die Krone des Baumes.

Von Krankheiten befallene Teile ausschneiden

Verschiedene Pflanzenkrankheiten verstopfen nach dem Eindringen in den Trieb die dem Nährstofftransport dienenden Leitungsbahnen. Sie leben dort als Schmarotzer. Über der kranken Stelle befindliche Triebteile leiden, welken und sterben ab.

Wollen wir die Krankheit bekämpfen, müssen wir unter anderem die geschädigten Teile ausschneiden. Bis wohin das zu geschehen hat, ist nicht ganz eindeutig, weil nicht sicher zu erkennen ist, wie tief die Krankheit bereits vorgedrungen ist.

Es hat sich aber immer wieder gezeigt, dass die Methode: „Zwanzig bis dreißig Zentimeter ins sichtbar gesunde Holz zurückzuschneiden“ oft unzureichend ist. Auch hier muss es heißen: Nur fortwährende Kontrolle und Nachbesserungen können die Ausbreitung mancher Krankheiten verhindern oder unterbinden.

Wasserreiser

Sogenannte Wasserreiser sind an Stämmen und in Kronen an Ästen auftretende, meist sehr kräftige Jahrestriebe, die auf innere Störungen der Pflanze zurückgeführt werden müssen. Sie sind bei Baumbesitzern außerordentlich unbeliebt und kommen an Pflanzen aller Art, auch bei Obstgehölzen, vor.

Durch unsachgemäßen Schnitt werden sie so sehr gefördert, dass sie oft bis zu zehn oder zwanzig zusammenstehen.

A – Astringe
1j – einjährige Triebe
vj – vorjährige Triebe, bei Obst oftmals mit Blütenknospen besetzt
2j – Trieb im 2. Jahr

Was wird falsch gemacht?
Fast immer werden sie im Winter oder Nachwinter so gut es geht – also auf Astring (mehr dazu im nächsten Abschnitt) – zurückgeschnitten. Der stehen bleibende Astring sorgt für freudigen Austrieb vieler darin versteckter Knospen (Adventivknospen). Das Ergebnis wird durch jährlich gleiche „Entfernung“ der Wasserreiser vervielfacht.

Was kann man besser machen?
Im Winter, bevorzugt im März, schneidet man die Wasserreiser einschließlich Astring ab, lasse jedoch einige Reiser stehen. Man sagt dazu, sie nehmen den Druck an dieser Stelle auf. Es wäre grundfalsch, die nun noch verbliebenen Reiser auch nur um ein geringes zu kürzen. Sie bleiben ungeschnitten.

Bei älteren Apfel- und Birnenbäumen bilden sich nach scharfem, rücksichtslosem und unfachmännischem Schnitt oftmals über den ganzen Baum hinweg Massen von Jungtrieben, die Wassertrieben ähneln.

Sie werden genau wie diese behandelt, d. h., der Großteil wird ganz entfernt, der gut verteilte Rest wird ebenfalls nicht geschnitten. Innerhalb von 2-3 Jahren ist mit sehr gutem Blütenansatz zu rechnen.

Im Sommer (Juni bis September) lassen sich Wasserreiser mit noch besserem Erfolg durch Reißen unterbinden.

v = vor und zu Beginn des Abreißens, a = ausgerissener Schoß

Wie aus den beiden Zeichnungen hervorgeht, werden sie aus der Stelle, an der sie entstanden sind, aus der sie ausgetrieben sind, gemeinsam mit dem Astring herausgerissen. Da nun der Astring fehlt, kann aus dem Wundrand kein Neutrieb entstehen. Auf diese Weise unterdrückt man bevorzugt im Obstbau Wasserreiser.

Die Wunden verheilen trotz der nicht geglätteten Wundfläche gut, weil das Reißen während der Vegetationszeit erfolgt.

Schnitt auf Astring

Muss ein Ast oder ein Zweig entfernt werden, kann nicht auf die Erhaltung des Astringes verzichtet werden.
Der Astring, eine Verdickung an der Basis, d. h. an der Entstehungsstelle eines jeden Triebes, enthält besonders mit einsetzenden Frühjahr große Mengen von Bildungsstoffen, die das Verheilen einer Wunde in auffallender Weise fördern. Sie verhelfen zu schnellerer und besserer Überwallung der Wunde, vor allem von den Seiten und von oben her.

Schnittführung – auf Astring

Ist bei schwergewichtigen Ästen zu befürchten, dass sie beim Schneiden trotz vorsichtiger Arbeitsweise nach unten einreißen oder einschlitzen, schneidet man sie in zwei Teilstücken ab, wie in der linken Zeichnung dargestellt. Zuerst wird bei Nr. 1 eingesägt, dann bei Nr. 2 solange geschnitten, bis der Ast zwischen 1 und 2 abbricht. Als nächstes wird bei 3 von unten her eingesägt und bei 4 von oben her durchgeschnitten.
Selbstverständlich muss sein, dass die Schnitte 3 und 4 eine einzige und glatte Schnittfläche ergeben. Das erfordert bei größeren Wunden einige Übung.

Die Zeichnung rechts zeigt das Abschneiden bzw. das Absägen kleinerer Äste oder solcher, bei denen Einreißen nach unten nicht zu befürchten ist. Bei Sägen wird wie zuvor wird von unten her solange eingesägt, bis die Säge zu klemmen beginnt, ohne dass sie im Schnittspalt festsitzt. Dann Säge herausnehmen und von oben abschneiden. Ob Wunden mit dem Messer nachgeglättet werden sollen, ist umstritten, jedenfalls ist eine möglichst ebene und glatte Wunde der Verheilung dienlich.

Der leicht schräge, unten mehr vom Stamm abstehende Astring muss erkannt und beachtet werden. Beobachtet man die  alte Wunden, dann erkennt man den Wert des Astringes.
Gute Beobachter stellen fest, dass der Juni-Schnitt der für die Wundverheilung günstigste ist. Die noch jungen Blätter der Pflanze erzeugen auf äußerst wirksame Weise Assimilate und sind in der Lage, die Wunden schnell und reichlich damit zu versorgen.

Aststümpfe

Dass „Huthaken“ (die spöttische Bezeichnung für Stümpfe jeglicher Größe) zu vermeiden sind, gehört zum Allgemeinwissen dessen, der schon etwas Schneiden gelernt hat. Huthaken sind ausnahmslos böse Fehler Ungeübter.
Sie entstehen, weil aus Unkenntnis, Sorglosigkeit oder Fahrlässigkeit Triebe, Zweige oder Äste an der falschen Stelle abgeschnitten wurden. Die Stummel können nicht zuwachsen und vom Wundgewebe nicht überwallt werden, das Holz kann nicht durch die bedeckende Rinde vor Pilzen und deren holzzerstörender Wirkung geschützt werden. Fäulnis setzt ein. Äste und Stämme werden hohl. Die Pflanze beginnt zu sterben. Auf der Zeichnung ist links dargestellt, wie ein Ast/Trieb richtig auf Astring geschnitten wurde (z.B. im März).

A vorbildlicher Schnitt, H – Entwicklung des Huthakens

Der Astring, ein Wulst am Ansatz aller Triebe, Zweige und Äste, enthält ganz besonders viele, die Verheilung von Wunden fördernde Reservestoffe (Bildungsstoffe, Assimilate). Der Astring ist mit „A“ gekennzeichnet, der Huthaken mit „H“. Die rechten Zeichnungen zeigen einen stehen gebliebenen Astrest, der zum Huthaken wurde und vom Astring her nicht überwallt werden konnte. Er verdickt sich stark, um die Wunde zu verschließen.

Ungefähr 10 Jahre danach beginnen Fäulnis und Zerstörung des Innenholzes. Die Wunde kann unter keinen Umständen mehr verheilen.
Daher sollte man niemals Stümpfe stehen lassen, sie heilen selten und sind oft der Anfang vom Ende einer Pflanze.

Der weggeschnittene Astring

Schneide man den Astring, die Basis eines Triebes oder Astes, wider besseres Wissen weg, entzieht man dem Wundrand die Versorgung mit Bildungsstoffen, die dort bevorratet sind. Ohne Astring wird das Verschließen der Wunde entscheidend verzögert. Die Zeichnung zeigt links den richtig geschnittenen Astring (A) und daneben den entfernten Astring (Aw).

mit Astring besseres – ohne Astring schlechteres Verheilen

In mitte-rechts wird der vorbildliche Beginn der Verheilung beim sorgfältigen Astringschnitt (Vs), und rechts die mangelhafte schlechte Überwallung beim weggenommenen Astring (Vl). Die Wunde bleibt länger als nötig offen, Fäulnis- und andere Pilze haben mehr Zeit, das freiliegende Holz anzugreifen.

Kopfwunden

Sie entstehen beim sogenannten Abwerfen von Ästen oder auch des Mittelstammes (Köpfen). Kopfwunden sind besonders gefährdet. Nur all zu leicht dringen dort Pilzkrankheiten ein, die das Holz zerstören. Wie bei allen Wunden soll die Wundfläche möglichst klein sein, weil sie schneller als eine große verheilt. Viele sägen den betreffenden Ast ein wenig schräg ab (B + C), damit sich obenauf kein Wasser sammeln kann (E). Es ist jedoch nicht zu verhindern, denn die Verheilungswulst lässt immer wieder einen kleinen Wasserstau zu. Ob das bei Schutz durch Baumwundsalben von Bedeutung ist, ist zu bezweifeln. Sich neben der Kopfwunde neu entwickelnde Jahrestriebe helfen zu verheilen (C + E).

A – Seilenast abgesägt
B – Stamm schräg abgesägt
C – derselbeStamm verheilend, bereits mit neuem Austrieb
D – Stamm waagerecht abgesägt
E – derselbe, verheilend, bereits mit neuem Austrieb rechts
W – der von einigen befürchtete Wassersta
Verheilen von Wunden bei Nadelhölzern
Schnitt von Fichtenästen am Stamm
r – richtig abgesägt
f – falsch, d.h. zu lang gelassen

Es ist in der Regel überflüssig, sich Sorgen um die Verheilung von Koniferenwunden zu machen. Unter normalen Umständen schließen sie sich gut, weil die im Innenholz eingelagerten Harzstoffe nach außen treten und helfen, das offenliegende Holz zu konservieren. Vergessen werden darf nicht, auf Astring zu schneiden bzw. die Wundfläche zu glätten, um die Überwallung der Wundränder zu beschleunigen.

Leider sind dort oftmals kürzere oder längere Aststümpfe zu sehen, die der Pflanze Mühe bereiten, mit der Wunde fertig zu werden. Die Zeichnung zeigt richtige und falsche Behandlung.

Hygiene

Allgemein sind beim Gehölzschnitt keine besonderen Sauberkeitsregeln zu beachten. Um Pilzkrankheiten, die beim Schneiden übertragen werden können, von der Pflanze fernzuhalten, kann es notwendig sein, Schnittwerkzeuge bei jedem Schnitt in ein desinfizierendes Mittel zu tauchen, ein ungeheurer Aufwand. Das ist in Zukunft bei der Arbeit an Platanen ratsam, um dem zur Zeit unheilbaren Platanensterben vorzubeugen. Auch einige Viren werden durch Messer und Schere übertragen.

Bluten – Verbluten

Viele fürchten, wenn sie Ende März bis Anfang April Äste abschneiden, das Bluten und Verbluten der Pflanze. Unter Bluten wird der Austritt von Flüssigkeit aus der Schnittstelle verstanden.

Beim Beobachten stellen wir fest, dass der aus dem Holz herausfließt, nicht aus der Rinde oder dem Kambium. Das heißt, er entstammt ohne Umweg dem Erdreich, ist also fast blankes Wasser, lediglich u.a. mit Nährstoffen angereichert.
Eher mit Blut vergleichbar ist das den Kiefern abgezapfte Harz, das z.B. der Waldkiefer, Pinus sylvestris, in den neuen Bundesländer zu DDR-Zeiten  für industrielle Zwecke entnommen wurde. Die Gewinnung von Rohgummi vom Gummibaum in den tropischen Wäldern ist ein ähnlicher Fall.

Das trifft auch zu, wenn die Rinde bis auf das Kambium (Wachstumsschicht zwischen Bast und Holz) angekratzt oder beschädigt wird und das Kambium so unterbrochen wird. Das ausströmende Harz (eine Form der Bildungsstoffe) läuft aus den Kratzwunden.
Der Baum leidet unter dieser Behandlung. Der Pflanze wird, um beim Vergleich zu bleiben, wirklich Blut entzogen.

Im Gegensatz hierzu sind weder bei Ahorn noch Walnuß oder Birken nach spätem Schnitt (April-Mai) trotz Feuchtigkeitsaustritt Schäden oder Mängel festzustellen. Die Wunde trocknet nach wenigen Wochen ab, das Verheilen beginnt.

Wundverschluss – Baumwundsalben

Baumwundsalben sollen der Pflanze helfen, möglichst schnell und sicher mit ihren Verletzungen fertig zu werden. Hierzu zählen auch die von uns den Pflanzen zugefügten Schnittwunden. Ob die Wundsalben unsere Wünsche erfüllen können, liegt auch zum Teil an den Anforderungen, die wir an sie stellen und daran, wie wir sie anwenden.

Man ist heute immer mehr der Auffassung, dass es besser ist nur den Ring, den die Kambiumschicht in der Schnittfläche bildet mit Baumwachs oder einer entsprechenden Tinktur zu schützen. Für das Holz der Schnittfläche ist es besser, wenn sie abtrocknen kann.
Sinnvoll ist es, die  verstrichene Wunden eine Weile später zu kontrollieren.

Obstgehölze

Es gibt viele und sich auch manchmal widersprechende Schnittmethoden wie Naturkronen, naturnahe Kronen, Trichterkronen, Spindeln usw., deren Erträge sehr unterschiedlich sein können und die ungleich alt werden. Einiges erscheint wert, erläutert zu werden.

Wer Obstgehölze schneiden will, muss vorher erkennen können, wo und wie sich Blütenknospen an der Pflanze bilden. Er muss das beurteilen können, weil sich der Schnitt danach zu richten hat.

Die Kenntnis des Blütenansatzes und der Blüten ist die Grundlage jeglicher Schnittmaßnahme bei Obst.
Wo werden Blütenknospen angesetzt?

Äpfel und Birnen (Kernobst)

Bei den Trieben des Kernobstes wird zwischen Lang- und Kurztrieben unterscheiden.

Langtriebe haben in der Regel seitlich nur Blattknospen und eine der Triebverlängerung dienende Spitzenknospe (Terminalknospe).

Kurztriebe sind das eigentliche Fruchtholz des Kernobstes.
Sie tragen am oberen Ende eine Blütenknospe, die sich der Form nach deutlich von der Blattknospe unterscheidet. Die Länge der Kurztriebe ist nicht immer gleich.
Längere Kurztriebe bezeichnet man als Fruchtruten. Sie sind längere Kurztriebe zwischen 5 cm und 25 cm Länge mit seitlichen Blattknospen und einer terminalen Blütenknospe.

1 – Langtrieb
2 – Kurztrieb mit Blütenknospe (B)
T – Terminalknospe
Fruchtspieß
B – Blütenknospe
Tr- Blatt-oder Triebknospe
Kurztrieb mit Fruchtkuchen
B – Blütenknospe
Fk- Fruchtkuchen

Fruchtspieße sind wenige Zentimeter lange Kurztriebe. Auf ihnen können Blüten- oder Blatt knospen sitzen oder auch beides.

Fruchtkuchen, aus denen wieder Fruchtspieße oder Fruchtruten hervorgehen können, sind Verdickungen dort, wo vorher ein oder mehrere Früchte gesessen haben.

Kurzes Fruchtholz kann in mannigfaltiger Form vorkommen, wobei junges wertvoller als altes ist. Am alten Fruchtholz befinden sich oft zu viele Blüten, es hängen dort vielfach mehr Früchte, als ernährt werden können. Die Folgen sind Birnen und Äpfel, vor allem Äpfel, die nicht schmecken, weil sie bitter sind usw.

Süßkirschen
1 – Langtrieb
2 – langer Kurztriebb
3 – Bukettriebe
T – Terminalknospe
B- Blütenknospen

Bei allen Steinobstarten, so auch bei Süßkirschen, gibt es entweder Blatt- oder Blütenknospen, es gibt keine Übergangsknospen.

Langtriebe besitzen an der Basis Blütenknospen, alle darüberstehenden sind Blattknospen.

Für lange Kurztriebe gilt dasselbe, jedoch steigen die Blütenknospen höher am Trieb empor.

Bukettriebe, mit einer von Blütenknospen umgebenen Triebknospe, die vielfach selbst nicht austreibt. Hier gibt es reichen Behang an Blüten.
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Sauerkirschen
wertvoller einjähriger Trieb
A – Hängetriebe abschneiden
B – Blütenknospen
T – Terminalknospe
3 – Bukettknospen

Der Blütenknospenbesatz ähnelt dem der Süßkirschen, doch überwiegt die Zahl der Blütenknospen gegenüber der der Blatt- oder Triebknospen.
Hängewuchs, der besonders bei der Schattenmorelle vorkommt, soll durch alljährlichen kräftigen Schnitt zugunsten junger einjähriger Triebe beseitigt werden, weil nach unten zeigende  Triebe die Wüchsigkeit mindern.
Zu lange junge Triebe kann man auf eine begrenzte Knospenzahl einkürzen.

Bester Schnitttermin: Nach der Ernte oder auch im Nachwinter.

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