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Naturschutz â ganz konkret
Wie vielseitig der Einsatz in und fĂŒr die Natur sein kann, das zeigt der Natur- und Vogelschutzverein Kreis Borken. Die Mokka-Reaktion hatte Gelegenheit, einige Mitglieder bei ihrer Arbeit zu begleiten.
Dienstagmorgen, 9.30 Uhr. Die FĂŒtterung der Tiere im Vogelpark Borken ist bereits vorbei. In den elf Gehegen tummeln sich Diamantfasan und westfĂ€lischer Totleger, Pfauen und Enten, diverse Taubenarten und Wachteln. In der verglasten Voliere nebenan quĂ€ken Zebrafinken, singen Kanarienvögel und zwitschern bunte Wellensittiche. Auf dem Teich schwimmen GĂ€nse, KnĂ€k- und Krickenten. Ein Idyll zweifellos, das der Natur- und Vogelschutzverein (NUV) Kreis Borken hier im Stadtpark seit vielen Jahren unterhĂ€lt. Erst im letzten Jahr wurde die Anlage neu geordnet, die Zuwegung zu den Gehegen verbessert. Der Erfolg ist auch an diesem Morgen ablesbar. Senioren, MĂŒtter mit Kleinkindern und diverse weitere SpaziergĂ€nger schlendern an den ZĂ€unen vorbei und beobachten das tierische Treiben. Doch was hat die Haltung von RassehĂŒhnern und Papageien mit Naturschutz zu tun? Die Vorstandsmitglieder des NUV haben ganz unterschiedliche Antworten auf diese Frage. âDie meisten Menschen haben Interesse an der Natur, finden aber keinen Zugang. Der Vogelpark liefert ihnen einen, bringt ihnen auf einfache Art Natur nahe. Gerade Kinder lassen sich von der Kreatur packenâ, sagt Hans-Wilhelm Grömping. Begeisterung fĂŒr die Natur wecken und ganz praktisch ausleben zu können, das ist ein wichtiges Anliegen auch fĂŒr Jochen Teroerde, den Vorsitzenden des Vereins. âBei uns kann man zum Beispiel Patenschaften fĂŒr einzelne Tiere ĂŒbernehmen, ob fĂŒr einen Papagei oder einen HĂŒhnerstammâ, sagt er. âHier kann man Tiere fĂŒttern und betreuen, ohne eine eigene Voliere oder gar einen KleinkĂ€fig anschaffen zu mĂŒssen.â Friedhelm Triphaus hatte frĂŒher selber einen kleinen HĂŒhnerhof und engagiert sich seit einiger Zeit als FĂŒtterer im Park. âNur was man kennt, das schĂŒtzt man auchâ, bringt er das Thema Naturschutz auf den Punkt und fĂŒhrt auch gleich ein Beispiel an. âWir veranstalten regelmĂ€Ăig FĂŒhrungen mit Kindergartengruppen und zeigen ihnen den Weg vom Ei bis zum Huhn.â Auch fĂŒr Altenheimbewohner gibt es Angebote. âBei Ă€lteren Menschen sorgen die akustischen und optischen Reize der Tierwelt fĂŒr eine gute basale Stimulationâ, sagt Jochen Teroerde, der beruflich in der Pflege tĂ€tig ist.
Vogel- und Naturschutz werde im Park aber auch ganz konkret betrieben. âWir haben hier einige heimische Wildenten, die man in der Natur nur selten sieht. Wir halten einige vom Aussterben bedrohte Haustierrassen und bieten rund um den Park auch zahlreichen Wildvögeln eine Heimatâ, erlĂ€utert Teroerde. DarĂŒber hinaus gebe es zahlreiche weitere Projekte, Exkursionen und Initiativen des Vereins, an denen man teilnehmen könne.
Ortswechsel: Drei Tage spĂ€ter, frĂŒher Abend im Wildpark Anholter Schweiz. Hans-Wilhelm Grömping begrĂŒĂt rund 20 naturinteressierte Besucher zu einem gefĂŒhrten Rundgang durch das kĂŒnstlich angelegte Wildbiotop bei Isselburg. Die Gruppe ist bunt gemischt und hĂ€ngt wissbegierig an den Lippen des Exkursionsleiters. Und der weiĂ sein Publikum humorvoll, vor allem aber sehr in – formationsreich zu unterhalten. Es ist ruhig geworden im Park, das Tagespublikum ist nahezu ganz verschwunden. Iltis und Fischotter, Wölfe, Luchse und Wildkatzen kommen aus ihrer Deckung und lassen sich bereitwillig anschauen. Lediglich die Steinmarder, WaschbĂ€ren und Marderhunde bleiben faul in ihren Kuhlen und Höhlen liegen. Und auch vom Uhu-PĂ€rchen ist nichts zu sehen. âDie haben gerade ein Gelege und sind deshalb etwas scheuer als sonstâ, weiĂ Hans-Wilhelm Grömping zu berichten. Zu jedem Tier hat er Informationen parat, keine Frage bleibt offen.
Sind die WeiĂstörche hier heimisch? Mittlerweile ja, einige sind als echte Wildvögel zugereist, andere können auch aus Zoos stammen. Darf man die Rentiere fĂŒttern? BloĂ nicht. Die brauchen ganz spezielle Kost wie finnische GrĂ€ser und Flechten und und einige sind schon an falschem Futter verendet. Warum verfolgt die Gans die anderen Wasservögel so aggressiv? Wahrscheinlich hat sie ein Gelege in der NĂ€he. Ganz nebenbei weist Grömping auf das Rufen eines Buntspechtes hin oder erzĂ€hlt etwas ĂŒber die Zusammensetzung des Wolfsrudels und die lange Leidensgeschichte der BĂ€ren, die hier eine neue Heimat gefunden haben. Drei Stunden vergehen wie im Flug. Die Teilnehmer des Rundgangs gehen randvoll mit Informationen und ziemlich beeindruckt zum Parkplatz zurĂŒck. So hat man eine Wildpark-FĂŒhrung noch nicht erlebt.
Weitere sechs Tage spÀter.
Treffpunkt ist der Keller unter dem Schwimmbad der Johannesschule in Gemen. Hier hat die Werkgruppe des Natur- und Vogelschutzvereins seit knapp einem Jahr ihr neues Domizil. âDie RĂ€ume an der Josefschule wurden fĂŒr den offenen Ganztagsbetrieb gebraucht, also sind wir umgezogenâ, berichtet Hans-GĂŒnter Böing, Sprecher der Werkgruppe. Jeden Mittwoch um 18 Uhr treffen sich hier einige begeisterte Bastler, um NistkĂ€sten und FutterhĂ€user fĂŒr Vögel sowie Nisthilfen fĂŒr Bienen und Hummeln zu montieren. SĂ€gen, FrĂ€sen, Bohrmaschinen â alles ist vorhanden. FĂŒr den Bau von Kauzröhre und Meisenkasten sei kein besonderes Spezialwissen nötig, sagt Böing. âDie meisten Informationen ĂŒber Nisthilfen sind heute frei verfĂŒgbar. Man braucht lediglich ein bisschen handwerkliches Geschick.â Das bringen seine MĂ€nner allesamt mit. Der eine ist gelernter Elektriker und will im Rentenalter âeinfach noch ein bisschen mit anpackenâ. Der nĂ€chste kommt aus dem Metallfach, hatte aber immer schon ein Faible fĂŒr Holz. Ein dritter war Bahnarbeiter und schĂ€tzt âdas schöne Arbeitenâ, mit dem die freie Zeit sinnvoll genutzt werde.Das Gros der anfallenden âArbeitenâ sind Meisen-NistkĂ€sten, die fertig montiert werden oder auch als BausĂ€tze rausgehen. âWir gehen damit in Schulen und KindergĂ€rten, wo Eltern und Kinder gemeinsam so einen Nistkasten zusammenbauen könnenâ, berichtet Hans-GĂŒnter Böing. Viele BausĂ€tze gehen in groĂen Bananenkisten an StĂ€dte und Schulen im Kreis und weit darĂŒber hinaus. Die NistkĂ€sten tragen zwei Brennstempel, das Vereinsemblem mit dem fliegenden Brachvogel sowie das Logo der Kreisstadt. Damit sind die NistkĂ€sten auch eine Art âBotschafterâ fĂŒr die Stadt.
Nicht selten kommen aber auch Anfragen fĂŒr andere Nisthilfen. âWir sind spezialisiert auf HöhlenbrĂŒter wie Meise, BaumlĂ€ufer, Hohltaube und Kauz, haben aber auch schon einen Kasten fĂŒr Wanderfalken und UnterschlĂŒpfe fĂŒr FledermĂ€use gebautâ, berichtet Böing. Auftraggeber seien beispielsweise der NABU und die Naturfördergesellschaft des Kreises, aber auch viele Privatleute trĂ€ten an die Werkgruppe heran. Und natĂŒrlich packen die rĂŒstigen Rentner auch an, wenn vereinsintern Hilfe nötig ist. Das können Reparaturarbeiten im Vogelgehege sein, die Erstellung von Schautafeln, UnterstĂŒtzung bei der Landschaftspflege und in der Waldschule oder auch beim Verkauf von Nisthilfen und FutterhĂ€usern.
âĂbrigens, jeder NeubĂŒrger der Stadt Borken bekommt auf Wunsch einen Nistkasten geschenktâ, sagt Jochen Teroerde, der noch einiges ĂŒber die Aktionsfelder des Vereins zu erzĂ€hlen weiĂ. âBei uns kann so ziemlich jeder nach seinen individuellen Möglichkeiten und Interessen mitmachen. Wir haben Gruppen, die sich mit BiogĂ€rtnern und Bienen, Weidenflechten und Baumpflege, NaturpĂ€dagogik und naturvertrĂ€glichem Tourismus beschĂ€ftigen. Wir planen eine Frauenwerkgruppe und eine Kindergruppe, laden regelmĂ€Ăig zu NaturfĂŒhrungen sowie VortrĂ€gen ein und tauschen auf unserer Internet seite Naturbeobachtungen ausâ, so Jochen Teroerde. Nicht zuletzt sei man offen fĂŒr neue AnstöĂe und Ideen von auĂen. âWir freuen uns ĂŒber jeden Naturfreund, der sich einbringen will. Sprechen Sie uns einfach an!â